In Deutschland sind über 60 Millionen Menschen gegen Corona geimpft worden. Immer häufiger hört man inzwischen von starken Nebenwirkungen und Impfschäden. Auch in meinem Bekanntenkreis gibt es Fälle eines sog. Post-Vac-Syndroms. Das nehme ich zum Anlass, ein paar Zeilen über die rechtlichen Ansprüche bei Impfschäden zu schreiben, ohne zu sehr in die Details dieser komplexen Materie zu gehen. Beim Einlesen in das Thema war für mich ein Artikel von Rechtsanwalt Christian auf der Heiden in der Fachzeitschrift NJW, Jahrgang 2023, Seite 3737 ff sehr hilfreich.
Ich verwende hier den Begriff „Impfschaden“ allgemein für alle durch eine Impfung hervorgerufenen gesundheitlichen Schäden und Nebenwirkungen, ohne mich dabei auf die Definitionen des Infektionsschutzgesetz (IfSG) [1] für den Begriff „Impfschaden“ und des Arzneimittelgesetzes (AMG) [2] für den Begriff „Nebenwirkungen“ zu beschränken.
Wer einen Impfschaden erleidet kann Ansprüche gegen verschiedene Anspruchsgegner haben.
Ansprüche können bestehen gegen
1. Impfende
a. Ärztinnen/Ärzte
b. Impfzentren oder mobile Impfteams
c. Zahnärztinnen/Zahnärzte, Tierärztinnen/Tierärzte, Apotheker/innen
2. Hersteller des Impfstoffs
3. Versorgungsamt
4. Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA)
Folgende Anspruchsgrundlagen kommen in Frage.
1. Versorgungsansprüche (gem. §60 IfSG)
Wer einen Impfschaden durch eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung erleidet, erhält auf Antrag eine Entschädigung für die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens. Der Antrag wird beim Versorgungsamt des Bundeslandes gestellt, in dem der/die Geschädigte seinen Wohnsitz hat. Der Vorteil dieser Ansprüche ist, dass die Beweisführung für die Ursächlichkeit des Schadens durch die Impfung wesentlich erleichtert ist, da es genügt, wenn die Ursächlichkeit zwischen der Impfung und dem Schaden wahrscheinlich ist. Es muss also nicht, wie bei anderen Ansprüchen, die Ursächlichkeit zweifelsfrei bewiesen sein.
2. Gefährdungshaftung des Impfstoff-Herstellers
Die Gefährdungshaftung ist unabhängig von einem Verschulden. D.h. es ist nicht erforderlich, dem Hersteller ein schuldhaftes Verhalten (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) nachzuweisen. Die Gefährdungshaftung ist jedoch für die Hersteller von Corona-Impfstoffen durch Verordnung der Bundesregierung weitestgehend für nicht anwendbar erklärt worden. Allerdings bestehen an der Gültigkeit dieser Verordnung erhebliche Zweifel, sodass ein rechtliches Vorgehen gegen die Hersteller nicht ausgeschlossen ist.
3. Verschuldenshaftung
Neben der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung unterliegen die Impfstoff-Hersteller natürlich auch der Haftung wegen schuldhaften Verhaltens. Dieses muss ursächlich für den durch die Impfung entstandenen Schaden sein. Der Nachweis eines solchen Zusammenhangs wird in der Regel vor Gericht nur durch ein Gutachten geführt werden können. Auch das schuldhafte Verhalten des Herstellers muss bewiesen werden. Hier kann man hoffen, dass Tatsachen, die ein schuldhaftes Verhalten belegen, in den kommenden Monaten durch bereits laufende Gerichtsverfahren und Medien-Recherchen offenbart werden.
4. Verletzung von Aufklärungspflichten
Die Corona-Impfstoffe haben nicht die normalerweise gesetzlich geforderten Bedingungen für eine Zulassung erfüllt. Sie haben dementsprechend nur eine bedingte Zulassung der EMA bzw. Notfallzulassung der WHO erhalten. Daher waren die Risiken zum Zeitpunkt der bisher durchgeführten Impfungen noch nicht abschließend erforscht. Diese Tatsache muss ein/e Patient/in wissen, um entscheiden zu können, ob er/sie ein solches unbekanntes Risiko in Kauf nehmen will. Er/sie muss also darüber aufgeklärt werden, dass der Impfstoff noch nicht so weit erprobt ist, dass man Risiken ausschließen kann. Ist eine solche Aufklärung nicht erfolgt, kann ein Anspruch auf Schadenersatz gegen die impfende Person bzw. Institution entstanden sein.
5. Haftung der EMA
Pflichten und Haftung der EMA sind in der VO (EG) Nr. 726/2004 [3] geregelt. Aus dieser ergeben sich etliche mögliche Pflichtverstöße, auf die im Einzelnen einzugehen den Rahmen dieses Blogs sprengen würde.
Probleme der Beweisführung
Wer einen Impfschaden hat und dafür Schadenersatz fordert, muss die Ursächlichkeit zwischen der Impfung und dem Schaden beweisen. Daher ist es wichtig, schon bei der ersten Vermutung einer Schädigung durch die Impfung einen Arzt aufzusuchen und ihn auf den möglichen Zusammenhang mit der Impfung hinzuweisen. Inzwischen gibt es auch immer mehr Kliniken, die eigene Abteilungen für die Diagnose und Behandlung von Impfschäden durch Corona-Impfung eingerichtet haben.
Was könnt ihr aus rechtlicher Sicht konkret tun, wenn ihr selbst von einem Impfschaden betroffen seid?
Der wohl einfachste und vermutlich auch schnellste Weg, zu einer Entschädigung für einen Impfschaden zu kommen, ist der über das Versorgungsamt. Ein Antrag kann selbst gestellt werden, in der Regel auch online. Wer Mitglied beim VdK ist, kann von diesem bei der Antragstellung unterstützt werden. Wer nicht Mitglied beim VdK ist und es auch nicht werden will, sollte spätesten bei einer Ablehnung des Antrags einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin um Rat fragen.
Aber auch die weiteren möglichen Ansprüche sollten geprüft werden. Diese sind, wie gesehen, sehr vielfältig und komplex. Daher ist es wichtig, wenn man einen Impfschaden erlitten hat und seine Ansprüche geltend machen will, einen sehr guten Rechtsanwalt bzw. eine sehr gute Rechtsanwältin zu finden, am besten eine/n Fachanwalt/Fachanwältin für Medizinrecht mit langjähriger Erfahrung in diesem Bereich. Einen Blog-Beitrag zur Rechtsanwaltssuche findet ihr hier.
[1] Impfschaden gem. § 2 Nr. 11 IfSG (Infektionsschutzgesetz):
„die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung; ein Impfschaden liegt auch vor, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde“
[2] Nebenwirkung Definition gem. § 4 XIII 1 AMG (Arzneimittelgesetz).
„Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.“
[3] Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur
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