Immer wieder höre ich den Satz „Die AfD ist einer Gefahr für die Demokratie.“ Stimmt das?
Demokratie, so haben wir es in der Schule gelernt, ist die Herrschaft des Volkes. Sie ist als unveränderbarer Grundsatz für die Bundesrepublik Deutschland im Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) festgeschrieben. Sie kann aufgrund Art. 79 Abs. 3 GG (sog. Ewigkeitsklausel) nicht abgeschafft werden.
Was wäre, wenn die AfD nach der nächsten Bundestagswahl die Regierung bilden würde? Das hängt davon ab, welche Strömung in der Partei bis dahin vorherrscht. Seit einiger Zeit hat der rechtsextreme, und somit antidemokratische, Teil der Partei den größten Einfluss. Sollte das so bleiben, wäre eine Regierungsbildung durch die AfD sicherlich eine Gefahr für die Demokratie. Daran könnte auch die Ewigkeitsklausel nichts ändern. Wer wissen will, wie es dann weiter ginge, wirft einen Blick nach Polen, wo die nationalkonservative PiS seit 2016 regiert und seitdem schrittweise die Unabhängigkeit der Justiz und der Medien abschafft. Ein erster Schritt zu weniger Pressefreiheit durch die AfD wäre die im Wahlkampf in Hessen und Bayern geforderte Abschaffung der GEZ und damit der Rundfunkgebühr. Damit würde man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schwächen und sich unangenehme Berichterstattung von dieser Seite vom Hals schaffen.
Ich frage mich allerdings, ob es wirklich die AfD ist, von der die Gefahr ausgeht. Sind es nicht die Wähler, die in den demokratischen Wahlen in Hessen und Bayern ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. Sie haben ihr Grundrecht wahrgenommen, frei zu wählen. Es ist genau das erfolgt, was vom Grundgesetz gewollt ist, Herrschaft des Volkes. Dass die AfD so stark geworden ist, hat sie ihren Wählern zu verdanken. Sie ist nur eine Projektion dessen, was große Teile der Wähler denken. Und sie verspricht einfache Lösungen für komplexe Fragen. Wer kann da schon nein sagen? Wir halten also fest, auch das Volk selbst stellt eine Gefahr für die Demokratie dar.
Es gibt jedoch noch größere „Gefährder“ der Demokratie. Das sind die sogenannten etablierten Parteien und deren Spitzenpersonal. Da wird reflexartig nach jeder Wahl, in der die AfD wieder stärker geworden ist, betont, wie stark man sich von dieser Partei abgrenzt und, dass man natürlich jegliche Zusammenarbeit mit ihr ablehnt. Glauben die denn, dass das einen AfD-Wähler und eine AfD-Wählerin zukünftig davon abhalten wird, wieder AfD zu wählen? Ihr solltet langsam mal anfangen, die Menschen, die euch bezahlen, und deren Geld ihr ausgebt, ernst zu nehmen. Wenn jemand zum Beispiel Angst vor Migration hat, dann kann man das nicht einfach wegdiskutieren, von wegen „Hab dich nicht so.“ Wer kann den Menschen ihre Angst verdenken angesichts von Freudenfeiern auf deutschen Straßen nach dem grausamen Gemetzel der Hamas in Israel. Die Politik muss auch diesen Menschen durch geeignete Maßnahmen die Angst nehmen, sei es durch weitere Schritte, um illegale Einwanderung zu verhindern, konsequentes Vorgehen gegen Straftäter oder mehr Aufklärung darüber, was bereits getan wurde oder langfristig die Bekämpfung der Ursachen für Migration. Wenn man die Ängste und Nöte der Leute einfach ignoriert und ihnen indirekt sagt, „Ihr habt die falsche Partei gewählt. Wie kann man nur so blöd sein?“, dann werden diese am Ende der Demokratie den Rücken kehren, weil sie nicht erkennen können, wofür sie gut sein soll.
Die Menschen wollen auch abgeholt und mitgenommen werden bei der Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit. Zwei Maßnahmen der Bundesregierung haben mich in diesem Zusammenhang zum Nachdenken gebracht, erstens das Heizungsgesetz und zweitens die Förderung von Solarstrom für Elektroautos Was haben beide Maßnahmen gemeinsam? Sie sind sinnvoll und richtig. Was unterscheidet sie? Die eine ist so erfolgreich, dass bereits am ersten Tag die dafür bereitgestellten Fördergelder ausgeschöpft waren und 33.000 Anträge genehmigt wurden. Die andere wird vom Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Bei der einen gibt es 33.000 Gewinner und keinen, der die Maßnahme ablehnt. Die andere bewirkt, dass der Einbau von Wärmepumpen im Jahr 2023 deutlich zurückgegangen ist und viele sich noch schnell eine neue Gasheizung einbauen lassen.
Diese Beispiele zeigen, dass man sinnvolle und wichtige Maßnahmen so oder so an den Bürger und die Bürgerin bringen kann. Wer sich als Gewinner fühlt, wird sein Heil wahrscheinlich nicht mehr an den politischen Rändern suchen Die Politikerinnen und Politiker sollten vielleicht weniger Rhetorik-Kurse besuchen, in denen sie lernen, mit vielen Worten wenig zu sagen. Stattdessen empfehle ich Schulungen, wie man die Menschen mitnimmt bei der Bewältigung schwieriger und komplexer Aufgaben.
Und eins noch. Macht endlich Ernst mit der „Bildungsrepublik Deutschland“, die einst Angela Merkel propagiert aber nie umgesetzt hat. Gebildete Menschen gehen nämlich Angstmachern und Populisten nicht so schnell auf den Leim, wie es Menschen tun, die Informationen nur aus ihrer Filterblase in den sozialen Medien beziehen.
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